Jungpferde-Starten ist ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt.
In meinem Arbeitsalltag werde ich vor allem im Frühjahr und Herbst damit konfrontiert, dass Kunden ihr Jungpferd nun langsam Reiten wollen. Doch ab dem Moment, wo das Wort "Beritt" auftaucht, bekommen viele Halter Stress - zu Recht: "Wohin gebe ich mein Pferd?", "Wann ist der richtrige Zeitpunkt?", "Wie entscheide ich mich für eine Reitweise, in der das Pferd ausgebildet werden soll?", "Was muss ich als Halter dem Pferd vorher beigebracht haben, damit es möglichst gut und ohne Beritttrauma durch diese anstrengende Phase kommt?", "Wie finde ich für MEIN besonderes Pferd die richtige Person?", usw. sind Fragen, die beinahe wöchentlich eine große Rolle in der telefonischen Beratung spielen. Da wir uns gerade jetzt wieder an solch einem Punkt im Jahr befinden, an dem Halter sich sehnlichst Antworten wünschen, möchte ich hier ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern...denn BERITT gibt es bei mir weder im aktiven Wortschatz, noch als direkte Arbeitsweise.
"Beritt" kann als eine Art Schulung des Pferdes gesehen werden, die sich im Alltag mehr und mehr bestimmten Themen widmet, aber niemals allein für sich als Thema steht - das wäre eine Überforderung für das Pferd. Das bedeutet, dass ich persönlich mein junges Pferd n i e m a l s aus seinem Lebens-, Herden-, und Wohlfühlkontext reißen würde, denn das bringt eine enorme Verunsicherung des Tieres mit sich und ist schon im Ansatz des Gedankens gegen die Pferdenatur. Wenn zudem das Pferd dann bei Ihnen noch ein schönes zu Hause genießt, wird es vorerst in eine Trauerphase fallen, die viel Energie verbraucht und einen Bruch in die wahrscheinlich gewissenhaft aufgebaute Beziehung bringt. Wie sollte "Beritt" dann noch natürlich ablaufen können? Getrennt von seiner Alltagsstruktur, seiner Umgebung, seinen Ritualen, getrennt von seiner Vertrauensperson, rausgerissen aus ALL seinen Sicherheiten, die es unter Umständen über Jahre zu einem gefestigten und gelassenen Pferd gemacht haben, ist "BERITT" im alten Wortgebrauch nun genau das Gegenteil von dem, wie ich meine Arbeit als verantwortungsbewußte Pferdefrau verstehe und praktiziere.
Nach meiner Auffassung ist "Beritt" eine Erweiterung des Vertrauens, das ich mir mit dem jungen Pferd über Kontakt, Fürsorge, Liebe, Rituale, Abwechslung und ein totales sich verlassen-können auf mich als seine betreuende und versorgende Person aufgebaut habe. Es geht lediglich darum, am Boden entstandenes Vertrauen auf den Rücken zu erweitern. Genau aus diesem Grunde rate ich jedem Halter, der sein Pferd später selber Reiten möchte, es gerade jetzt in dieser sensiblen Phase NICHT aus der Hand zu geben und es im vertrauten Umfeld selbst zu schulen. Es macht sicherlich Sinn, sich den kompetenten Rat einer erfarenen Person einzuholen, um die voranschreitende Ausbildung des Pferdes natürlich, schonend und mit einem roten Faden zielgerichtet und mit Erfolg absolvieren zu können, falls man sich der Aufgabe noch nicht gewachsen fühlt. Neben den Büchern, die ich bereits zur Natur des Pferdes geschrieben habe ("Den Pferden zuhören" und "Zwischen Himmel und Herde"), ist das persönliche Coaching entstanden, denn "Beritt" bedeutet für mich vor allem, Pferd UND Halter darin zu unterstützen, einander gegenseitig vor Fehlern, Stürzen, Ungeduld und Temperamentsproblemen zu schützen und einen individuellen Faden für BEIDE herauszuarbeiten, damit beide glücklich zum Ziel kommen.
Mal entwickelt sich der Halter schneller als das Pferd, manchmal ist aber auch das Pferd schneller, und bietet Bewegungen und nächste Schritte an, die natürlich und deshalb richtig sind...das Pferd ist nur schon eine Idee weiter... Wenn der Halter jedoch zum ersten Mal ein Pferd selber einreitet, entstehen eventuell Mißverständnisse und das Pferd wird für etwas getadelt, das seiner Natur entspricht. Genau so entstehen Mißverständnisse und die einst geklärte Rangstruktur dreht sich um. Dann weiß das Pferd, dass es weiter ist als Sie und nimmt in Folge dessen die Entscheidungen lieber selbst in die Hand - und das wäre von Nachteil für beide!
Sich coachen zu lassen, ist daher keine Schande, bewahrt vor Fehlern, Unachtsamkeiten und bietet eine Möglichkeit der Rücksprache vor allem in problematischen Situationen, die einem in einem gewöhnlichen "Beritt" oftmals verschwiegen werden. Doch wenn das Pferd in der Ausbildung an besonderen Stellen spezielle Schwierigkeiten oder Verstehensprobleme hat, und sich ein erfahrener Berufsbereiter (oder "Freizeitbereiter", immer noch oft ohne Ausbildung) dann mit Mechanik oder Kraft über das Pferd hinwegsetzt, funktioniert die Lektion unter Umständen vielleicht mit diesem Bereiter, weil es das Pferd an der Stelle brechen und beeinflussen kann. Doch lernen oder sein Problem überwinden kann es in der Situation nicht. Das Pferd wird sein Problem aber dann mit nach Hause bringen - und dann ist es sowieso IHR Problem, wie sie damit fertig werden.
Daher mein Rat: Wenn Sie sich selbst schulen lassen, wie Ihr Pferd lernt und ihm in Folge dessen geduldig über die nächsten Monate Schritt für Schritt alles beibringen, was Sie beide jetzt brauchen, dann wissen Sie auch, "welche Knöpfe installiert sind, und welche nicht". Und das ist immer eine gute Grundlage. Lernen können Sie beide ein Leben lang, das muss nicht in 6 - 8 Wochen "fertig" sein (geht übrigens sowieso nicht, das ist ein uralter Irrtum). Doch wenn die Vertrauendgrundlage erst einmal zerrüttet ist, wird lernen schwierig bis unmöglich. Viele Pferde kommen mit "Knick" aus dem Kurzzeitdrill. Das daraus resultierende seelische, körperliche oder mentale Problem hat oftmals Folgen, die auch langwierig bis lebenslang sein können. Deshalb rate ich kurzum, sich olgendes bewußt zu machen:
Und noch ein Wort zum Abschluss: Sollten Sie Ihr Pferd aus der Hand gegeben haben, und dürfen nicht zuschauen, was in der Ausbildung geschieht - und zwar jederzeit zuschauen -, oder jemand kommt zu Ihnen nach Hause zum Pferd und Sie bekommen bei dem, was Sie sehen, Stress oder Bauchweh, dann tun Sie Ihrem Pferd einen Gefallen: gehen Sie offen ins Gespräch, lassen Sie sich erklären, warum die Dinge so sind wie sie sind und falls sich das Bauchgefühl nicht legt: Vertrauen Sie sich und fällen Sie eine pferdefreundliche, vertrauenserhaltene und artgerechte Entscheidung FÜR IHR PFERD!!! Es wird es Ihnen danken!
In diesem Sinne, mein Angebot: Jungpferde-Starten nach essentieller Pferdearbeit:
Berittcoaching
Situationsanalyse, wie weit ist das Pferd, wie weit ist der Mensch, Wer von beiden kann was schon wie gut? Lücken und Förderbereiche aufdecken;
Ziele definieren, (Nah- und Fernziele zu haben schützt vor Zeitdruck, Ungeduld und zu hoher Erwartungshaltung (DRUCK-Falle!!!))
Überprüfen des Pferdekörpers bzgl. Entwicklung, bisheriger Erfahrungen und körperlichen Möglichkeiten,
Lösen von Blockaden VOR dem ersten Draufsitzen, und im Reitlernprozess
Erläutern der Arbeitsschritte der kommenden Tage bzw. Wochen,
Zeigen von natürlichen Übungen, schaffbare Hausaufgaben
einen Ansprechpartner haben, bei Problemen, Veränderungen, Entwicklungen...
Das alles macht Sinn im Sinne der Pferde.
Ihre Tanja von Salzen-Märkert
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